Praxis Dr. Nadja Asbeck und Kathrin Wehner
NEURALTHERAPIE 

1. Ansatz der Neuraltherapie 

Bei der Neuraltherapie werden Krankheiten und Schmerzzustände mittels Injektionen (Einspritzungen) von Lokalanästhetika behandelt. Dies sind Medikamente, die eine Körperregion für kurze Zeit örtlich (lokal) schmerzunempfindlich (anästhesiert) machen. In der Schulmedizin werden Lokalanästhetika vor allem bei Operationen und kleineren Eingriffen (zum Beispiel beim Nähen einer Wunde) verwendet. Dies hat den großen Vorteil, dass die behandelte Person während des Eingriffs wach bleiben kann und trotzdem keine Schmerzen verspürt. Die Neuraltherapie benutzt die Lokalanästhetika im Gegensatz zur Schulmedizin nicht nur, um das Symptom «Schmerz» auszuschalten, sondern auch um die Ursache von Schmerzen und anderen Beschwerden zu ergründen und zu heilen. 

2. Philosophie / Entstehungsgeschichte 

Das erste Lokalanästhetikum (Novocain) wurde 1905 entdeckt. Zwanzig Jahre später bemerkte der Arzt Ferdinand Huneke zufälligerweise, dass man mit Lokalanästhetika nicht nur Gewebe schmerzunempfindlich machen, sondern Schmerzen auch endgültig heilen kann. Zusammen mit seinem Bruder Walter Huneke arbeitete er das Verfahren der sogenannten Heil-Anästhesie aus. 1940 beobachtete Ferdinand Huneke zum ersten Mal das sogenannte «Sekundenphänomen»: Bei einer Frau, die er monatelang erfolglos wegen ihrer starken Schulterschmerzen behandelt hatte, spritzte er ein Lokalanästhetikum in eine entzündete Wunde am Fuß. Schlagartig verschwanden die Schulterschmerzen. Daraus schloss Huneke, dass es örtlich begrenzte Reizzustände (sogenannte Störfelder) im Körper geben muss, welche die Fähigkeit haben, über die Reizung von Nervenbahnen in einer anderen Körperregion Krankheiten und Schmerzen zu unterhalten. Gleichzeitig hatte er ein Mittel gefunden, wie man derartige Krankheiten heilen konnte. Huneke ging von drei Lehrsätzen aus: Jede chronische Krankheit kann durch ein Störfeld bedingt sein. Jede Stelle des Körpers kann zum Störfeld werden. Die Injektion eines Lokalanästhetikums in das Störfeld heilt die störfeldbedingte Krankheit. Huneke stellte auch fest, dass zwischen der Entstehung eines Störfeldes und der Auslösung einer störfeldbedingten Erkrankung viele Jahre vergehen können 

3. Wirkungsweise 

Die Neuraltherapie arbeitet mit örtlich wirksamen Betäubungsmitteln, z.B. mit Procain oder Lidocain. Die Wirkung beruht dabei nicht auf der direkten betäubenden Wirkung des Mittels, sondern darauf, dass übergeordnete Regelkreise des Körpers beeinflusst werden. Die vorübergehende Ausschaltung verursachender Faktoren, z. B. von Narben (Herd- Störfeldgeschehen) durch gezielte Injektionen kleiner Mengen des örtlichen Betäubungsmittels schafft die Voraussetzung entgleiste Regelvorgänge zu normalisieren oder zu verbessern. Spontane Beschwerdefreiheit (Sekundenphänomen nach Huneke) bzw. anhaltende Besserung von Funktionsstörungen und Schmerzen sind in diesem Zusammenhang als Ergebnis der wiederhergestellten oder verbesserten körpereigenen Regulationsmechanismen zu betrachten. 

4. Technik der Neuraltherapie 

Bevor der Therapeut mit der Neuraltherapie beginnt, befragt und untersucht er den Patienten ganz genau, um herauszufinden, wo im Körper das Störfeld sitzt. Der ärztliche Neuraltherapeut erstellt eine ausführliche Krankengeschichte. Dazu wird der Patient vorher über die Wichtigkeit seiner Angaben für die Aufnahme der Krankengeschichte informiert. Auch kleine Ereignisse, z.B. Narben nach lange zurückliegenden Verletzungen, die einen Zusammenhang mit dem aktuellen Geschehen vordergründig nicht erkennen lassen, können von Bedeutung sein. Durch Abtasten der Haut, Unterhaut und Muskulatur werden Regulationsstörungen erfasst, die wegweisend für den Therapieansatz sind. Zur genauen Abklärung werden auch zusätzliche Untersuchungen wie beispielsweise Röntgenbefunde, Laborbefunde und andere klinische Befunde benötigt. In der Folge injiziert der Arzt dem Patienten ein Lokalanästhetikum. Dabei stehen ihm folgende Möglichkeiten zur Verfügung: Lokale Behandlung: Injektion direkt in die schmerzende Stelle. Segment-Therapie: Injektion in das zur schmerzenden Stelle gehörende Segment (Körperteil). Störfeld-Therapie: Injektion in ein vermutetes Störfeld. Injektion in eine Nervenschaltstelle, ein sogenanntes Ganglion. Injektion in ein venöses Blutgefäss (intravenöse Injektion). Zur Injektion selbst werden feine Nadeln verwendet. Der Injektionsschmerz ist verschwindend klein. Auf die Behandlung sollte eine kurze Ruhepause folgen. Als Reaktion des Körpers auf die neuraltherapeutische Behandlung kann durch die Umstellung des Regulationssystems ein kurzzeitiges Schwindelgefühl auftreten. Die Reaktionsfähigkeit kann nach der Behandlung für ein bis zwei Stunden beeinträchtigt sein. Auch eine kurzfristige Verschlimmerung der Beschwerden ist manchmal zu beobachten und stellt keinen Grund zur Beunruhigung dar, ist jedoch eine wichtige Information für Ihren behandelnden Arzt und sein weiteres therapeutisches Vorgehen. Eine Aufzeichnung der Befindensänderungen an den Tagen nach der Behandlung sind ein wichtiges Hilfsmittel für den Arzt bei der nächsten Konsultation. Je nach Beschwerdebild und Ansprechen auf die Behandlung kann eine einzige Behandlung bereits zu anhaltender Beschwerdefreiheit führen, was aber eher die Ausnahme darstellt. In der Regel werden mehrere Behandlungen für einen dauerhaften Behandlungserfolg erforderlich sein. Bei chronischen Beschwerdebildern wird sich die Therapie nach der Aktualität der Beschwerden richten. 5. Wie und wann kann die Neuraltherapie eingesetzt werden Die Neuraltherapie ist besonders geeignet zur Behandlung von Erkrankungen, die durch eine fehlerhafte Körperregulation zustande kommen. Das heisst, dass die Neuraltherapie bei Funktionsstörungen der Organe helfen kann, nicht aber bei bereits durch die Krankheit zerstörten Strukturen. Am häufigsten wird die Neuraltherapie bei der Behandlung von Schmerzzuständen und funktionellen Beschwerdebildern - wie z.B. "Hexenschuss", Schulterschmerzen, Tennisarm, Migräne etc. - eingesetzt, im besonderen bei: Kopfschmerzen und Migräne Mittelohrentzündungen Nasennebenhöhlenentzündung oder Schnupfen Chronischen Mandelentzündungen Gelenkbeschwerden (zum Beispiel Arthrose, Hexenschuss, Ischias) Rückenschmerzen Narbenschmerzen Schmerzzuständen nach Verletzungen, Unfällen oder Operationen Schmerzzuständen bei Krebsleiden Wenn bereits nicht rückgängig machbare Schäden vorliegen, was z.B. bei lang andauernden Gelenkschmerzen oft der Fall ist, kann die Neuraltherapie zur Schmerzerleichterung und Verbesserung der Beweglichkeit in Kombination mit allen anderen Therapieformen angewendet werden. Auch zur Behandlung von Beschwerden, die in enger Beziehung zum autonomen Nervensystem stehen, wie z.B. Schlaflosigkeit oder anfallsartiges Herzrasen bietet sich die Neuraltherapie nach genauer Abklärung des Geschehens an. Weitere Anwendungsgebiete der Neuraltherapie sind vor allem: alle Formen von Durchblutungsstörungen chron. Augenentzündungen Tinnitus Trigeminusneuralgie Bronchialasthma, Allergien Hyperthyreose Herzrhythmusstörungen chron. Prostatitis Zyklusstörungen chron. Darmentzündungen orthop.-rheumatische Erkrankungen Durchblutungsstörungen vegetative Regulationsstörungen 

6. Grenzen der Neuraltherapie 

Die Grenzen der Neuraltherapie ergeben sich aus den Möglichkeiten und Grenzen der Regenerations- und Regulationsfähigkeit. Erbkrankheiten, psychogene Erkrankungen, Systemerkrankungen, bösartige Tumore und irreversible Schäden, sind durch Neuraltherapie nicht zu beeinflussen. 

7. Nebenwirkungen / Vorsichtsmaßnahmen / Gegenanzeigen 

In der Regel sind bei der Neuraltherapie kaum Nebenwirkungen zu erwarten, wenn man die Vorsichtsmaßnahmen einhält. Auf keinen Fall darf die Neuraltherapie angewendet werden: bei einer Allergie auf Lokalanästhetika Bradykardie Herzmuskelschwäche Herzrhytmus- und Überleitungsstörungen (AV Block II u.III) bei einer Störung der Blutgerinnung wenn die Haut entzündet ist Da bei der Neuraltherapie Medikamente in den Körper gespritzt werden, ist zur Durchführung eine genaue Kenntnis der Anatomie, der Injektionstechnik, der Dosierung und der hygienischen Vorsichtsmaßnahmen notwendig. Wird die Neuraltherapie unsachgemäß ausgeführt, kann es zu verschiedenen Störungen kommen, zum Beispiel zu Blutungen. 

8. Kosten der Behandlung 

Bei gesetzlich Krankenversicherten übernimmt der Kostenträger i.d.R. keine Kosten ! Bei privat Krankenversicherten kann es zu einer Erstattung kommen. Hier sind Ihre Vertragsbedingungen von Ihnen vorab zu prüfen, bzw. es empfiehlt sich eine kurze Rücksprache mit dem Versicherer. Einen pauschalen Kostensatz kann man aufgrund der komplexen Behandlungsansätze nicht nennen. Die Abrechnung erfolgt nach GOÄ.